Science-Fiction-Filme) Lieber Mr. Howarth. Wir haben ja bereits für die Dokumentation von SPACE TRUCKERS (1996) zusammen gearbeitet. Vielleicht gibt es ja tatsächlich den ein oder anderen, der Sie noch nicht kennt. Könnten Sie uns bitte erzählen, was Sie gemacht haben, bevor Sie ins Filmgeschäft kamen?

 

Steve Howarth) Ich habe eine ziemlich abwechslungsreiche Vergangenheit. Metzger, Polizist, Verkäufer für Doppelverglasung, Wachmann, was auch immer. Wenn man in seinem Job unglücklich ist, hilft es einem einen Job zu finden, in dem man glücklich ist. Ich war 24, als ich auf die Modellbauschule kam und wusste nicht so recht, wohin das führen sollte. Ich war einfach nur glücklich damit, Dinge herzustellen.

 

SFF) Was war Ihr erster Film, an dem Sie gearbeitet haben und gibt es bestimmte Personen oder Filme die Sie beeinflusst haben?

 

SH) Mein erster Film war ein sehr kleiner Film namens LANDSLIDE, bei dem es um Wasserbehälter ging, die von einer Flut verschluckt wurden. Ich habe für Bill Pearson und Steve Begg in Shepperton gearbeitet.  

 

Ray Harryhausen war ein großer Einfluss. Aber ich hätte nie gedacht, dass man das beruflich machen kann. Dann habe ich BLADE RUNNER (1982)  gesehen und war hin und weg. Aber ich war mir immer noch nicht sicher, wie das alles funktioniert und es beruflich zu machen, war für mich ein Traum, besonders nach den Jahren, die ich in der Metzgerei verbracht habe.

 

SFF) Was benötigt man um ein Experte im Modellbau zu werden?

 

SH) Heutzutage dreht sich im Modellbau alles um den digitalen Bereich. Von daher würde ich niemanden in Richtung Modellbau mit echten Materialien drängen. Das Aufkommen von CGI hat eine einst wettbewerbsfähige Branche noch wettbewerbsfähiger gemacht. Wenn es in dir steckt, etwas zu machen wirst du einen Weg finden, etwas zu Machen. Auch wenn es nicht das ist, was du eigentlich machen willst. Ich glaube es geht nur darum, sich die Fähigkeiten anzueignen und wirklich hart zu arbeiten. Andere schaffen es mit ihrem Charme und ihrer Fähigkeit, einen guten Witz zu erzählen.

 

SFF) Viele Jahrzehnte lang waren handgemachte, praktische Spezialeffekte in Filmen ein fester Bestandteil des fantastischen Bereichs. Irgendwann hat dann CGI die Oberhand gewonnen. Gibt es Ihrer Meinung nach einen Film, der eine Art Endpunkt der klassischen Modellierung darstellt? Wenn ja, welchen und warum?

 

SH) Ich sage das nicht nur, weil ich daran mitgearbeitet habe: MOON (2009). Gelegentlich werden immer noch Modelle verwendet, aber nicht in dem Maße wie bei MOON. Die Technik war vorhanden, um es auch mit CGI zu machen aber die Kosten für gute CGI waren noch sehr hoch. Also wurden Modelle verwendet.

 

SFF) Es ist zu beobachten, dass es in den heutigen Filmen und Fernsehserien eine Art Renaissance der "guten alten" Spezialeffekte gibt. Was, glauben Sie, verbinden die Menschen mit diesen grandiosen visuellen Effekten? Warum kehren die Menschen zu ihnen zurück? Ist es ein Overkill an visuellen Eindrücken?

 

SH) Mit einem Werkzeug wie dem Computer, mit dem man seine Fahrzeuge generieren und die Kamerabewegung, die Beleuchtung usw. planen kann, können Filmemacher absolut ALLES machen, und davon eine Menge. Ich glaube, die Leute haben genug von komplexem Handwerk und komplexen Kamerabewegungen. Wenn man davon befreit ist, kann man sich auf die STORY und das SCRIPT konzentrieren. Die Leute haben genug von schwachen Plots und FX-lastigem Gefasel.

 

SFF.)  Sie haben 35 Jahre lang in der Filmindustrie in verschiedenen Positionen gearbeitet. Welche davon haben Ihnen besonders viel Spaß gemacht und/oder gab es Filme, bei denen Sie unter großem Druck standen?

 

SH) Es hat mir sehr viel Spaß gemacht an einem BOND-Film mitzuarbeiten (JAMES BOND 007 – STIRB AN EINEM ANDEREN TAG, 1997). Auch wenn das, was ich gemacht habe, am Ende nicht auf der Leinwand zu sehen war. Das ist bei solchen Dingen oft bittersüß. Der Druck stört mich nicht so sehr, denn ich habe immer sehr hart gearbeitet und man kann nicht besser sein als sein Bestes geben. Werbespots sind eine andere Sache. Die Fristen dafür sind wahnsinnig und es ist Stress vom ersten Tag an.

 

SFF) Wenn Sie an einem Modell für einen Film gearbeitet haben, zum Beispiel MOON, wie sind Sie dabei vorgegangen? Wie genau waren die Schablonen, oder haben Sie viel Kitbashing betrieben?

 

SH) Bei MOON wurden Gavin Rothreys Entwürfe innerhalb des Zeitrahmens so genau wie möglich befolgt, d. h. wenn zwei Flächen, die nur 1 oder 2 mm unterschiedlich waren, in eine Ebene gedreht wurden, um Zeit zu sparen, dann war das in Ordnung solange es die Grundform nicht veränderte. Ich brauchte nicht auf eine Zeichnung zu warten, wenn ein Bereich keine Details enthielt. Ich habe einfach losgelegt.

 

SFF.) Haben sie ein Projekt, das Sie schon immer mal machen wollten oder ist etwas in Arbeit, an dem wir uns in Zukunft erfreuen können?

 

SH)  Lieblingsprojekte werden oft angefangen aber auf der Strecke gelassen weil das Geld ausgeht. “Tom, Dick und Harry” waren drei Stop-Motion-Roboter, die ich zu einer Fernsehserie machen wollte. Daraus wurde nichts, also habe ich die Roboter und die Rechte an einen Typen in Hollywood verkauft. Den TALON, den ich gemacht habe, würde ich gerne verfilmen aber ich habe nicht das Geld dafür, also wartet er. Ich bin im Moment nicht in der Lage meinen Träumen nachzujagen.

 

SFF) Haben Sie einen Lieblingsbausatz, ein Diorama oder ein Modell?

 

SH) Ich würde gerne den neuen Aries 1b aus dem Jahr 2001 bauen, aber meine Zeit ist im Moment so begrenzt, dass ich, wenn ich etwas Zeit habe, mit etwas Eigenem kreativ sein werde. Ich mag auch das Zeitreise Modell aus dem Remake. Aber wieder: Keine Zeit und Geld.

 

SFF) Viele sehr gute Arbeiten bekommen diese nur wenig Screentime in Filmen. Ärgert Sie das nicht, wenn Sie die Früchte Ihrer Arbeit immer nur so kurz sehen?

 

SH) Man akzeptiert es irgendwie. Es gehört zum Geschäft. Am meisten stört es, wenn es herausgeschnitten wird. Deshalb war MOON eine Freude, weil man das Zeug oft auf dem Bildschirm sieht.

 

SFF). Könnten Sie bitte anhand eines Beispiels erklären, mit welchen Materialien Sie am besten arbeiten können und warum?

 

SH) Das muss FOAMEX sein. Es ist leicht und stark und man kann es mit einem Messer schneiden. Ohne dieses Material hätten wir MOON nicht rechtzeitig fertigstellen können.

 

SFF.) Was denken Sie über Ihre Art von Filmarbeit? Ist es nur eine technische Arbeit oder ist es Kunst?

 

SH) Das ist schwer zu beantworten. Wenn es irgendeinen kreativen Einfluss des Technikers gibt, dann ist es für mich Kunst. Aber das hängt davon ab, wie viel künstlerische Freiheit es gab. Wenn man sich buchstabengetreu an eine Zeichnung halten muss und jede Schraube und Mutter festgelegt ist, dann ist es eher technisch und ingenieurmäßig, aber auch die Technik ist eine Art Kunst.

 

SFF) Was ist schwieriger zu entwerfen: real existierende Objekte oder solche die man sich vorstellt?

 

SH) Ich würde sagen, imaginäre Objekte, weil man bei jeder Unebenheit unendlich viele Wahlmöglichkeiten hat. Es ist einfacher, ein Kleid aus der Jahrhundertwende zu entwerfen als einen futuristischen Raumanzug zum Beispiel.

 

SFF).  Welches Ihrer Werke war für Sie die größte Herausforderung?

 

Das letzte: Acht mechanische Rentiere, mit Silikonhaut, Geweih und allem Drum und Dran. Das hat mich fast umgebracht. Wenn ich andere Möglichkeiten gehabt hätte, hätte ich es vielleicht nicht gemacht.

 

SFF).  Die wichtigste Frage habe ich mir bis zum Schluss aufgehoben: Was war der schwierigste Effekt/das schwierigste Modell, an dem du gearbeitet hast, und warum?

 

SH) Wahrscheinlich der Pachyderm aus SPACE TRUCKERS. Weil es mein erstes richtiges Filmmodell war und ich es unter Brian Johnsons wachsamem Auge gemacht habe. Außerdem habe ich zum ersten Mal im Ausland gearbeitet und die Politik anderer Leute kennengelernt. Das Freon-Gas-System war eine Herausforderung für mich, aber ich war wahrscheinlich auf meinem Höhepunkt, so dass ich es mit Leichtigkeit schaffte. Spätere Höhepunkte wie MOON entstanden durch viel zu viele Arbeitsstunden, und obwohl kein einzelnes Modell diesen Platz einnehmen konnte, war der gesamte Vertrag sehr anstrengend.

 

SFF.) Lieber Mr. Howarth. Ich danke Ihnen sehr, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben und wünsche Ihnen alles Gute für Ihr weiteres Filmschaffen.

 

SH) Vielen Dank Till